Viel ist bisher über Leben, Denken, Religion, Moral
und Verantwortung Albert Schweitzers geschrieben worden.
Die Zahl der Einrichtungen, Veranstaltungen und besonders
Schulen, die seinen Namen tragen, sind fast unüberschaubar.
Was bisher weniger bekannt ist, sind seine Aufenthalte in
Rheinhessen. Durch persönliche Verbindungen kam Albert
Schweitzer im September 1951 nach Nierstein und verbrachte
dort einige Tage auf dem Weingut Georg und Karl-Ludwig Schmitt.
Dem ersten Besuch folgten in den 1950er Jahren weitere Aufenthalte.
Er hatte durch seine Besuche interessante und prägende
Begegnungen. Albert Schweitzer lernte die Familie von Martin
Niemöller kennen. Seine Haltung zu den Atomwaffen und
sein Engagement für deren Verbot wurden stark von Professor
Karl Bechert, der für die SPD dem Bundestag angehörte,
beeinflusst. Es war ein Prinzip von Albert Schweitzer, sich
über eine Sache genau zu informieren, bevor er sich
äußerte. Als Atomphysiker war Bechert ausgesprochener
Gegner der Nutzung der Atomenergie, sowohl der militärischen
wie der sogenannten zivilen. Sicherlich wurden durch den
brieflichen Austausch mit Bechert auch Albert Schweitzers
drei Appelle gegen die Atomgefahr gefördert.
Auch
besuchte Albert Schweitzer die berühmte Oppenheimer
Katharinenkirche, wo er als begnadeter Bachinterpret auf
der Walcker-Orgel spielte.
Die
60. Wiederkehr des ersten Besuches von Albert Schweitzer
in Nierstein haben die Vorsitzenden des Geschichtsvereins
Nierstein, Dr. Johannes Zimmermann und Hans-Peter Hexemer,
dankenswerterweise zum Anlass genommen, durch verschiedene
Veranstaltungen und Initiativen, die zusammen mit der Gemeinde,
der evangelischen Kirche, der Gemeindebibliothek und der
Arbeiterwohlfahrt durchgeführt werden, an dessen Besuche
in unserem Land und an das Leben und Wirken des großen
Humanisten zu erinnern. In Zukunft wird auch eine Gedenktafel
am ehemaligen Weingut Schmitt in Nierstein die Erinnerung
wachhalten. Durch diese Veröffentlichung werden die
große Persönlichkeit Albert Schweitzers und besonders
seine Zeit in Rheinhessen ebenfalls vor Augen geführt.
Dafür danke ich den engagierten Herausgebern dieses
Buches, Prof. Dr. Werner Zager und Andreas Pitz. Letzterer
ist auch der heutige Besitzer des Anwesens in Nierstein,
in dem seinerzeit viele Menschen Albert Schweitzer begegnen
durften. Wenn all diese Bemühungen dazu führen,
dass sich die Menschen auch künftig an Albert Schweitzer
erinnern und in seinem Leben und Wirken Orientierungspunkte
finden, wird sein Wort ein Stück erfüllt:
»Das
schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht
in den Herzen der Mitmenschen.«
Ich
würde mich freuen, wenn diese Veröffentlichung
zudem dazu beitragen könnte, den Satz, der Albert Schweitzer
zugeschrieben wird, zu verwirklichen: »Allen tut uns
Selbstbesinnung not, die uns aus dem Dahinleben erwachen
lässt. In den alten Verhältnissen müssen
wir neue Menschen werden, um neue Zustände schaffen
zu können.«