Vortrag am Holocaust-Gedenktag zur Verfolgung Homosexueller

„1945 gab es eine Stunde Null, was die Inhaftierung und Ermordung durch die Nazis in den Lagern angeht. Aber weder gab es eine Stunde Null des Antisemitismus noch der Strafverfolgung und Diskriminierung von Homosexuellen“, sagte Hans-Peter Hexemer, Vorsitzender des Geschichts-vereins bei der Gedenkveranstaltung im Niersteiner Rathaus.

Dabei wurde in diesem Jahr besonders der Verfolgung Homosexueller gedacht.

Der von den Nazis 1935 verschärfte Paragraph 175 des Strafgesetzbuches galt fort und stellte unvermindert „Unzucht“ zwischen Männern unter hohe Strafen.

Jährlich gab es oft ähnlich hohe Zahlen an Verurteilten zwischen 2500 und 3000, sowohl unter dem Naziterror als auch in der neuen Bundesrepublik, wie der Referent des Gedenkabends Dr. Martin Dill herausstellte. Dill ist Mitglied der Frankfurter Stolpersteininitiative.

   

Geschichtsverein Nierstein e.V.

Otto Schätzel, Hans-Peter Hexemer, Martin Dill und Joachim Schulte (von links). Foto: Heiner Bräckelmann
 
GVN   Seinem Engagement ist es vor allem zu verdanken, dass seit 2019 neun neue Stolpersteine an verfolgte Homosexuelle erinnern. Unterschiedliche Schicksale und unterschiedliche Leben stellte Dill in den Biografien vor: vom ungelernten Arbeiter bis zum Intellektuellen ging die Polizei zum Teil mit perfiden Methoden gegen sie vor.

Gesellschaftlich ausgegrenzt, verurteilt und in Lager gesteckt, wurden sie ermordet oder in den Suizid getrieben. Eine eindringliche und bedrückende Darstellung. Hexemer: „Wie viel Leid und Schmerz der Paragraph 175 unter die Menschen gebracht hat, können wir kaum ermessen.“

Die Demokratie sei aber auch in der Lage gewesen – wenn auch erst nach Jahrzehnten – 1994 diesen Paragraphen abzuschaffen und für das erlittene Unrecht um Verzeihung zu bitten, wie auch Joachim Schulte, der Sprecher von Queer-Net Rheinland-Pfalz betonte, der mit seiner Teilnahme die Verbundenheit zur Niersteiner Gedenkarbeit zeigte.

 
Auch Otto Schätzel als 1. Beigeordneter der Stadt betonte die Stärke, die in der Gedenkarbeit liege, wenn sie die Erinnerung mit der stetigen Arbeit für Toleranz und Menschlichkeit, gegen Hass, Ausgrenzung und Rassismus heute verbinde.
     

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Fotos: Geschichtsverein Nierstein    
     

Nierstein, 27. Januar 2020