Vortrag: Dr. Pia Nordblom erinnert an die US-Streitkräfte in Rheinhessen 1945 - 1990

„Little America bei Nierstein“ – so titelte die Allgemeine Zeitung nach dem Vortrag von Dr. Pia Nordblom am 27. Oktober 2019 im Weingut Mann.

Der inhaltsreiche Vortrag, dem mehr als 30 Interessierte aufmerksam folgten, hieß „United we stand? Deutsch-amerikanische Freundschaft zwischen Kaltem Krieg und Konversion“, wobei Hans-Peter Hexemer in seiner Begrüßungsansprache die Frage aufwarf, ob man diesen Titel besser mit Ausrufe- oder Fragezeichen versehen sollte.

Und antwortete selbst: Beides passt, denn die Geschichte ist eine wechselhafte.

Zum Hintergrund: Am Niersteiner Rheinufer steht seit 2017 ein Denkmal, das an den Rheinübergang der Amerikaner im März 1945 erinnert, der als „Nierstein Crossing – Silent Crossing“ in die Geschichte einging.

    Geschichtsverein Nierstein e.V.
     
  Die US-Truppen hatten am 21. März 1945 Nierstein erreicht und befreit. Über die danach gebauten Pionierbrücken wurden Soldaten und Material übergesetzt, der Vormarsch kam schneller voran, der Krieg war am 8. Mai 1945 zu Ende.

Damit begann die lokale Beziehung zu den US-Streitkräften.

1953 entstanden in der Schwabsburger Gemarkung die Anderson-Barracks der US-Streitkräfte, die bis zur Aufgabe der Kaserne 2009 bestehen blieben.

Interessant war dabei von der Referentin Pia Nordblom zu hören, dass es in diesem Zusammenhang in den frühen 1950er Jahren zu einem Geländetausch und einer Bereinigung der Gemarkungsgrenzen zwischen Schwabsburg und Dexheim kam.

     
„Der Vortrag beleuchtete die amerikanische Militärpräsenz in Rheinhessen seit dem ausgehenden Zweiten Weltkrieg in unterschiedlichen Phasen und fragt nach politischen, kulturellen, gesellschaftlichen und ökonomischen Auswirkungen“, erläutert Hans-Peter Hexemer, 1. Vorsitzender des Geschichtsvereins, das Thema.

Berücksichtigt wird auch die Zeit der Konversion, als nach dem Ende des Ost-West-Konflikts die amerikanische Militärpräsenz in Rheinhessen verringert wurde.

In ihrem umfassenden Vortrag beleuchtete Dr. Pia Nordblom die verschiedenen Phasen amerikanischer Militärpräsenz und stellte fest: „Man darf den Beitrag des US-Militärs für die Wirtschaftsentwicklung des Landes nicht unterschätzen, wenn er auch nicht quantifizierbar ist.

 
     
  Manch farbiger Soldat habe sich im Nachkriegsdeutschland stärker akzeptiert gefühlt als in der US-Gesellschaft der 50er Jahre. Doch Vietnam, 1968, die Friedensbewegung oder die Drogenprobleme traumatisierter Soldaten trübten die Beziehung.“

Noch bis zum Ende des Kalten Krieges befanden sich immerhin 12 Prozent der US-Streitkräfte in Deutschland in Rheinland-Pfalz, weswegen in dieser Zeit das Land auch „Flugzeugträger der NATO“ bezeichnet wurde.

Nach dem Abzug vieler Truppenteile und Aufgabe der Standorte sei die Konversion ohne historisches Vorbild gewesen.

„Nicht jede Konversion verlief problemlos“, bemerkte Nordblom unter heiterer Zustimmung der Gäste.

     
Nach dem ausführlichen Vortrag – aus anberaumten 45 wurden 90 Minuten, denen die Zuhörer trotzdem gespannt folgten – wurde bei einem Glas Wein das Gehörte diskutiert und die Übertragung in die aktuelle Regionalpolitik kommentiert.

 

 

Zur Referentin: Dr. Pia Nordblom, studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Philosophie in Mainz und Heidelberg.

Nach der Promotion 1995 war sie an der Universität Heidelberg tätig. Seit 2003 lehrt und forscht sie am Arbeitsbereich Zeitgeschichte des Historischen Seminars der Universität Mainz.

Unter ihrer organisatorischen Mitwirkung entstand 2012 das dreibändige Handbuch zur Geschichte von Rheinland-Pfalz, als Gastdozentin wirkte sie am Middlebury College in Vermont (USA).

In ihren Forschungen und Publikationen beschäftigt sie sich in letzter Zeit insbesondere mit der regionalen Zeitgeschichte von Rheinland-Pfalz.

 
     
     
Fotos: Geschichtsverein Nierstein    
     

Nierstein, 27. September 2019