Eine Amerikanerin auf Spurensuche in Nierstein
 

 

 

Pam Adams mit Hans-Peter Hexemer (links) und Dr. Johannes Zimmermann (rechts) auf dem Marktplatz

  

Pamela Adams Vorfahre Wilhelm Dilg war einst Niersteins Bürgermeister

Es war ein schöner Herbsttag im Oktober 2008 als Pamela Adams und ihr Freund Michael Spooner mit dem Foto eines alten von Efeu überwachsenen Hauses, abgebildet auf einer alten Postkarte aus der Zeit um 1900, in der Hand auf dem Niersteiner Marktplatz Passanten fragten, ob sie dieses Haus kennen würden. In einer Klarsichthülle hatte Pam zudem eine kleine Geschichte ihrer Familie dabei, aufgeschrieben von ihrer Urgroßmutter.

Sie erzählte davon, dass ihre Vorfahren zur Mitte des 19. Jahrhunderts in die Vereinigten Staaten ausgewandert seien. Die Familie habe zuvor am Rhein gelebt, in dem schönen Dorf Nierstein. Ausgewandert sei die Familie von Wilhelm Dilg, der Jahre zuvor Bürgermeister von Nierstein gewesen sei und nach der Revolution von 1848 das Land verlassen habe.

Gelebt habe die Familie in jenem alten Haus, dessen Foto jetzt Pamela den beiden Niersteinern zeigte, die sie soeben auf dem Marktplatz angesprochen hatte.
 

Zufall oder Fügung. Sie hätte kaum bessere Ansprechpartner treffen können, denn die beiden Niersteiner waren der Vorsitzende des Geschichtsvereins, Dr. Johannes Zimmermann und seinen Stellvertreter Hans-Peter Hexemer. Pamela Adams war weit gereist, um die Spuren ihrer Vorfahren zu suchen. Auf einem Europatrip, der sie auch nach Italien und in Deutschland nach München, Düsseldorf, Heidelberg und zu einer Schiffsreise auf dem Rhein geführt hatte, waren sie und ihr Freund schließlich in die deutsche Heimatgemeinde ihrer Familie gekommen. Zimmermann und Hexemer kannten das Haus natürlich. Die beiden Amerikaner waren nur wenige Schritte davon entfernt und doch hätten sie es ohne Hilfe wohl kaum entdeckt, denn es liegt ein bisschen abseits der Straße – es handelte sich um den Metternichhof, der heute vom Efeu befreit als Baudenkmal die mittelalterliche Geschichte Nierstein mit belegt. Vom Verfall bedroht, konnte dieser älteste von neun Adelshöfen vor einigen Jahren mit einem neuen Dach versehen und restauriert werden – dank des Engagements der Besitzerfamilie Staiger-Schwarz.

Mit Hans-Peter Hexemer unternahmen die beiden Amerikaner dann einen ausgiebigen Rundgang durch das Gebäude, von dem sie wussten, dass darin ihre Vorfahren gelebt hatten. Sie erfuhren Wissenswertes über die Baugeschichte und konnten zu ihrer großen Freude alle Räume, darunter den Rittersaal mit seinen Wandgemälden und auch die unterirdischen Gänge besichtigen. Und selbstverständlich musste auch ein Erinnerungsfoto mit Else Staiger aufgenommen werden. Weitere Fragen folgten dann natürlich. Gibt es Belege, dass die Familie hier gewohnt hat und wenn ja; von wann bis wann? Wann genau sind sie ausgewandert? Dies herauszufinden dürfte natürlich schwierig sein. Sofort festgestellt und belegt werden konnte allerdings, dass Wilhelm Dilg tatsächlich von 1820 bis 1836 als Niersteins Bürgermeister fungierte. Und dann gab es noch jede Menge weitere Fragen von Pamela: Was hat es mit den unterirdischen Gängen auf sich? Welche Bedeutung hatte die Martinskirche mit ihrer Umfassungsmauer? Wie lange gibt es schon Weinbau in Nierstein? Warum gibt es in unserer Familie zur damaligen Zeit so viele französische Vornamen?

Diese Fragen und vieles mehr wurden später am Abend in gemütlicher Runde bei einem Glas Wein in der Gutsschänke von Hermann Staiger erörtert und aus dem Treffen hat sich inzwischen weiterer Informationsaustausch zwischen Milwaukee, der Heimatstadt von Pam Adams, und Nierstein entwickelt. Pam Adams war, wie sie schrieb, auch zuhause noch überglücklich, das Haus ihrer Vorfahren gesehen zu haben. Durch die herzliche Aufnahme habe sie sich gleich wie zuhause gefühlt.

Pams Mutter besitzt noch einen Brief einer Niersteinerin, den sie nach ihrem Besuch 1974 erhalten hat und den wir in Kürze bekommen sollen. Wir sind gespannt, mit wem sie damals korrespondierte.

Inzwischen haben Pam und Michael die von Axel Schwarz geschriebene Geschichte des Metternichhofes in englischer Übersetzung erhalten und auch deshalb viel in ihrer Familie zu erzählen. Und eine Flasche Niersteiner Ortega Beerenauslese haben sie auch heil über den großen Teich gebracht. Diesen Wein wollen die beiden zu einem besonderen Anlass trinken.

   

In der Weinstube Staiger: Michael Spooner, Pam Adams, Elfriede und Hans-Peter Hexemer (von links)