Ausstellung im Niersteiner Rathaus 1. bis 30. Oktober 2021:

„Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold im Kampf für Freiheit und Republik“

GVN Die Wanderausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand „Das Reichbanner Schwarz-Rot-Gold“ ist nun auch in Nierstein zu sehen.

„Am 3. Oktober feiern wir Deutsche mit dem Tag der Einheit unsere Demokratie, in Recht und Freiheit, so wie sie heute gefestigt ist,“ sagte Hans-Peter Hexemer, 1. Vorsitzender des Geschichtsverein Nierstein, vor den rund 50 Gästen, die zur Ausstellungseröffnung ins Rathaus gekommen waren. Und weiter: „Das war nicht immer so und ist auch heute nicht selbstverständlich: Es gilt wachsam zu sein – gegen Gewalt, gegen Hass, gegen Menschenfeindlichkeit.“

Kurt Beck, ehemaliger Ministerpräsident und Ehrenvorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung, eröffnete die beeindruckende Ausstellung und schlug in seiner fesselnden Rede einen weiten Bogen vom Reichsbanner über das Hambacher Fest 1832, als einem frühen Höhepunkt europäischer Bestrebungen nach demokratischer Ordnung, bis in die Gegenwart zu heutigen Bedrohungen der Demokratie. „Wir wollen mit der Ausstellung derer gedenken, die den Grundstein für unsere Demokratie legten. Aber wir wollen gerade auch junge Menschen ansprechen, sich mit der Geschichte der Freiheit auseinanderzusetzen. Vergessen ist das falsche Zeichen.“

GVNDer aktuell spürbare Rechtsruck in der Gesellschaft zeige, dass „wir gemeinsam jeden Tag für Demokratie, Toleranz, sozialen Frieden und Menschenrechte kämpfen müssen“, betonte Stadtbürgermeister Jochen Schmitt.

Die Ausstellung zeigt eindrucksvoll auf 31 Schautafeln mit Fotos, Dokumenten und Biografien die Entwicklung der Reichbannerbewegung von 1924-1933, einer überparteilichen Massenorganisation mit 3 Millionen Mitgliedern mit dem Ziel, die junge Weimarer Republik und deren Verfassung waffenlos zu verteidigen, zu stärken, zu schützen.

Auch in Rheinhessen war das Reichsbanner aktiv. 1928 wurde in Nierstein eine örtliche Organisation gegründet, die aus ca. 30 Personen bestand, meist Sozialdemokraten, jedoch auch Zentrumsleute und Liberale. Vorsitzender wurde Johann Philip Schultheiß, der Vorsitzende der hiesigen Deutschen Demokratischen Partei. Der Leitspruch der Organisation hieß „Aktivität, Disziplin und Einigkeit“, einer der Zugführer war Jakob Schuch, der 1945 von den Nazis auf dem Kornsand erschossen wurde. Die Bewegung wurde mit der Machtergreifung Adolf Hitlers verboten, Mitglieder verfolgt und inhaftiert.

Professor Edgar Wolfrum, bekannter deutscher Historiker und Inhaber des Lehrstuhls Zeitgeschichte an der Universität Heidelberg, bemerkte im Zusammenhang mit dieser Ausstellung, die schon in vielen Städten Deutschlands gezeigt wurde, dass sich die Bundesrepublik Deutschland einer großen Stabilität erfreue. Er nennt sie eine „geglückte Demokratie“.

Krisen, seien sie innenpolitischer oder außenpolitischer Natur, konnten bis zum heutigen Tage bewältigt werden, die Republik war in ihrem Bestand nie bedroht.

Im Zuge der Neuordnung der Welt nach 1989, dem Machtzuwachs Chinas, der imperialen Politik Russlands, dem Aufkommen regionaler Mächte, dem Islamismus, der Globalisierung, der Individualisierung und Vereinzelung, dem überstaatlichen Machtanspruch, den Tech-Giganten erheben, dem Primat der Wirtschaft gegenüber der Politik, ist die politische Stabilität der Bundesrepublik durchaus Bedrohungen ausgesetzt.

Im Bundestag sind heute fünf Parteien, die nicht alle demokratischen Idealen verpflichtet sind, vertreten. Querdenker, Reichsbürger, Anhänger von Verschwörungstheorien stellen sich mehr oder weniger offen gegen die Grundlagen des Staates. Wir müssen also wachsam sein, den Anfängen wehren, für die demokratischen und sozialen Werte unsere Republik einstehen und erkennen, dass diese nicht selbstverständlich sind. Von daher hat diese historische Ausstellung einen konkreten Bezug zur Gegenwart.

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GVN Kurt Beck

     
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Nierstein, 01. Oktober 2021