Der Schöpfer des Mathildengartens
Vortrag über den Kunstgärtner Heinrich Siesmayer
Von Wolfgang Höpp

Beim dritten Vortragsabend zu Aspekten der Stadtgeschichte im Jubiläumsjahr „1275 Jahre Nierstein“ begrüßte der Vorsitzende des Niersteiner Geschichtsvereins, Hans-Peter Hexemer, in Kooperation mit der Stiftung Mathildenhof den Ur-Ur-Großneffen von Heinrich Siesmayer, Herbert Lohrum. Dieser referierte zum Thema „Heinrich Siesmayer – ein Gartenkünstler, seine Parkanlagen und der Mathildengarten in Nierstein“.

„Nur vorwärts, nicht verzagt, nicht nach rechts und links gefragt, mit Gott gewagt“, lautete das Lebensmotto von Heinrich Siesmayer, der in Mainz am 26. April 1817 geboren wurde und am 22. Dezember 1900 in Frankfurt verstarb. Er wuchs in Karben auf und machte 1832 eine Lehre bei den aus München stammenden Gärtnern Sebastian und Jakob Rinz und bei seinem Vater Philipp Siesmayer, der ein Anwesen in Bockenheim bei Frankfurt gepachtet hatte.

    Geschichtsverein Nierstein e.V.

Dieses wurde von seinen Söhnen Heinrich und Nikolaus gekauft, um einen Gartenbaubetrieb mit dem Namen Gebrüder Siesmayer zu gründen. Nikolaus leitete die Pflanzkulturen, während sich Heinrich der Pflege der Herrschaftsgärten widmete und sich damit langsam zum Gartenkünstler mauserte.

Die ersten größeren Aufträge in Frankfurt waren der Goldsteinpark und eine Gartenanlage im Kettenhofweg. Die Gebrüder Siesmayer legten danach den Kurpark in Bad Nauheim im englischen Landschaftsstil an, wo Heinrich Siesmayer sogar zum Ehrenbürger ernannt wurde. Auch der Frankfurter Palmengarten ist nach seinen Plänen gebaut worden. Heinrich Siesmayer leitete mit großem Erfolg bis 1886 diese Frankfurter Sehenswürdigkeit.

Sein Nachfolger August Siebert schrieb 1901 in seinem Nachruf zu Siesmayers Selbstverständnis: „Geschäftlich war mit Heinrich Siesmayer nicht zu spaßen. Sein entschlossenes Auftreten ist mir in lebhafter Erinnerung geblieben“.

1877 gestaltete das Unternehmen Siesmayer den Rothschildschen Grünebergpark in Frankfurt und nach Heinrichs Plänen wurde zwischen 1892 und 1903 die Gartenanlage des Luisenparks in Mannheim neu geschaffen. Die Firma Gebrüder Siesmayer entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte prächtig: Als 1857 die Unterhaltung der Kurparkanlagen hinzukam, stieg die Zahl der Mitarbeiter bei Heinrich auf 400, bei seinem Sohn Philipp, der 1883 in den Betrieb eingetreten war, sogar auf 600. Vor seinem Tod veröffentlichte Siesmayer 1892 seine Autobiografie unter dem Titel „Aus meinem Leben“.

Heinrich Siesmayer war aber auch in Nierstein aktiv. So wurde der großzügige Garten des Mathildenhofs nach dem Erweiterungsbau im Auftrag der Mainzer Weinhändlerfamilie Christian Ludwig Lauteren 1862 von den Gebrüdern Siesmayer ebenfalls neu angelegt. „Wenn Garten oder Park, dann nur Siesmayer!“, schallte es allenthalben. Heinrich Siesmayer gilt heute noch als der große Kunst- und Handelsgärtner an der Wende von einem feudal zu einem bürgerlich geprägten Zeitalter im ausgehenden 19. Jahrhundert. (AZ vom 19.09.2017)

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Fotos: Carsten Ahr, Mathildenhof (1) / Geschichtsverein (1)    
     

Nierstein, September 2017