Stolperstein-Rundgang mit dem Geschichtsverein Nierstein

Anlässlich des 81. Jahrestages der Novemberpogrome, denen auch in Rheinhessen jüdische Mitmenschen zum Opfer fielen, lud der Geschichtsverein Nierstein zu einem „Rundgang auf den Spuren jüdischen Lebens in Nierstein“ ein.

Fast 40 Teilnehmer und Teilnehmerinnen kamen zusammen, um der Erinnerung an diesen staatlich organisierten Terrorakt Ausdruck zu verleihen. Referenten und Referentinnen berichteten vor Häusern in der Oberdorfstraße, der Glockengasse und der Rheinstraße über die Schicksale der jüdischen Mitmenschen, die hier gelebt und gearbeitet haben. Menschen, die entrechtet, misshandelt, gedemütigt und zum Teil ermordet wurden, denn es gelang nicht allen, sich in die Emigration zu retten.

    Geschichtsverein Nierstein e.V.
     
Johanna Stein informierte über die Familie Feiner, Marina Wernher berichtete von der Familie Goldschmidt, Felix Eitel stellte dar, was den Familien Wolf und Weiler wiederfahren ist, Gernot Klöckner schilderte die Erlebnisse der Familien Hirsch und Koch, und Rüdiger Leineweber sprach über die Familie Kaufmann.

An allen Stellen, an denen auf dem Rundweg Halt gemacht wurde, sind Stolpersteine verlegt.

     
GVN   Felix Eitel vom Arbeitskreis Stolpersteine erwähnte kurz, dass seinerzeit viel Überzeugungsarbeit notwendig war, um aus der Idee Wirklichkeit werden zu lassen.


In seiner kurzen Begrüßungsansprache ging Joachim Allmann, der seit Anfang des Jahres im Vorstand des Geschichtsvereins für Erinnerungs- und Gedenkarbeit verantwortlich ist, darauf ein, dass angesichts der aktuellen Ereignisse, dem Anschlag auf die Synagoge in Halle, der zunehmenden Gewaltbereitschaft rechter Kräfte, der gedanklichen und sprachlichen Enttabuisierung, die in Wort und Schrift greifbar ist, Erinnerungs- und Gedenkarbeit alleine nicht ausreicht, um der weiteren Ausbreitung des Antisemitismus Einhalt zu gebieten, sondern dass die Gesellschaft und jeder einzelne aktiv werden muss.

     
Am Beispiel der Hetze und der Beleidigungen, mit denen die Familie Goldschmidt 1938 überzogen wurde, nahm Marina Wernher Bezug auf das Ereignis, das Oppenheim am 08.11.2019 erschüttert hatte.

Begriffe und Formulierungen, mit denen ein anonymer Hetzer öffentlich eine Bürgerin der Stadt überzogen hat, sind mit der Sprache aus dem Jahre 1938 nahezu identisch, und die Gesinnung ist es wohl auch. Ein wesentlicher Sinn einer solchen Art des Erinnerns und Gedenken ist es, aus großen Opferzahlen auf einzelne Menschen zu stoßen, die als Individuen greifbar, quasi zum Nächsten werden. Obgleich die Veranstalter über die rege Teilnahme sehr erfreut waren, bleibt es eine wichtige Aufgabe, auch die Aufmerksamkeit junger Menschen zu erregen.

  GVN
     

 

 

     
Fotos: Geschichtsverein Nierstein    
     

Nierstein, 09. November 2019