Der Aufstieg der NSDAP in Nierstein und Oppenheim

Über zehn Millionen Parteimitglieder zählte die NSDAP im Laufe der Zeit bis 1945, "da hat jeder irgendwo einen Verwandten, der dazu gehörte", verdeutlichte Prof. Jürgen Falter wie stark diese Partei die Gesellschaft damals durchdrungen hatte.

Wie sie dies schaffte und welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten diese Entwicklung dabei in Oppenheim und Nierstein aufwies, war das Thema einer Gemeinschaftsveranstaltung der beiden Geschichtsvereine in Oppenheim und Nierstein.

Die statistischen Fakten dazu lieferten die beiden Referenten des Vortragsabends: Prof. Jürgen Falter zeigte zunächst die grundlegenden Tendenzen der Mitgliederentwicklung und -struktur für das gesamte Deutsche Reich auf.

Henrik Neumann, dessen Masterarbeit von Falter betreut wird, erläuterte dann die örtlichen Entwicklungen.

   

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Hans-Peter Hexemer (links) und Martin Baltrusch, die Vorsitzenden des Geschichtsverein Nierstein und des Oppenheimer Geschichtsvereins

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Henrik Neumann berichtete über die Entwicklung der NSDAP in den beiden Orten.

  Grundlage hierfür waren die Angaben, die Oppenheimer und Niersteiner Parteigenossen im Entnazifizierungsverfahren gemacht hatten und zwar zu Konfession, Beruf, Geschlecht, Alter und Datum des Parteieintritts. Insbesondere zwei Datengruppen zeigten wesentliche Unterschiede: Konfession und Beruf.

Während das eher katholisch geprägte Oppenheim hier - zunächst - zurückhaltender reagierte, war der Zulauf im eher evangelisch-lutherisch geprägten Nierstein von Beginn an stärker, ein markanter Unterschied, der auch bundesweit zu beobachten war. Für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, die in der Amtsgerichtsstadt Oppenheim stark vertreten waren, hatte ein Parteieintritt vor 1933 noch negative Folgen, so dass diese erst nach der Machtergreifung in großem Umfang dazu stießen. Anders bei den zumeist selbstständigen Winzern in Nierstein, die in einer wirtschaftlich schwierigen Lage von Beginn an empfänglich für die Versprechungen der NSDAP waren. So kam es, dass die Niersteiner Ortsgruppe der NSDAP - obwohl vier Jahre nach der Oppenheimer gegründet - sehr schnell die Macht in der Region übernehmen konnte.

Die angeregte Diskussion zeigte, wie stark dieses Thema die Teilnehmer im vollbesetzten Saal des Merian-Hotels Menschen bewegt und wie wichtig eine sorgsame Interpretation des Datenmaterials ist. Angelika Arenz-Morch, Leiterin des NS-Dokumentationszentrums in Osthofen und Vorstandsmitglied des Oppenheimer Geschichtsvereins, die die Veranstaltung organisiert hatte, betonte daher, dass es für die wissenschaftliche Forschung hier noch viel zu tun gebe.

 

Bilder: Axel Schwarz
 

Nierstein, Januar 2016