Niersteiner Geschichte

Die Eisenbahn

Am 10. Juni 1844 gründeten eine Gruppe Mainzer Bürger, darunter Clemens Lauteren – Besitzer des Niersteiner Mathildenhofes – die Hessische Ludwigs-Eisenbahngesellschaft zum Bau der Eisenbahnstrecke Mainz–Worms. Ihre Initiative war erfolgreich, bereits ein Jahr später überließ ihr die Großherzogliche Regierung den Bau der rheinhessischen Hauptlinie entlang des Rheins. Die jeweiligen Teilstrecken waren zügig fertiggestellt: am 23. März 1853 von Mainz bis Oppenheim, am 10. Juli 1853 bis Alsheim, am 7. August 1853 bis Osthofen und am 24. August 1853 bis Worms. Die Strecke war eingleisig gebaut, der Bahndamm jedoch bereits für zwei Gleise angelegt.

Das "Valtinche"
In den 1890er Jahren folgten Pläne zur Realisierung des Projekts einer Nebenbahn Nierstein–Undenheim–Köngernheim. Am 23. Oktober 1900 fand die "landespolizeiliche Abnahme" statt, am 1. November 1900 die offizielle Eröffnung der im Volksmund „Valtinche“ genannten Strecke. Am 29. Mai 1960 wurde sie stillgelegt, die Gleise demontiert und die Bahnstrecke zu einem Wirtschafts- bzw. Fahrradweg ausgebaut.

Der Bahnhof Nierstein
Der Bahnhof Nierstein präsentierte sich von Anfang an als eine recht weiträumige Anlage. Das Bahnhofsgebäude war ein repräsentativer Bau mit einer Unterführung zu den Bahnsteigen und Wartesälen. Noch heute fahren vom Bahnsteig 1 die Züge in Richtung Mainz und vom Bahnsteig 2 in Richtung Worms. Am früheren Bahnsteig 3 fuhr das "Valtinche" nach Undenheim-Köngernheim.

Vom Güterbahnhof führte ein Gleis an den Rhein. Es überquerte die heutige Bundesstraße 9 an der Stelle, wo die B 420 in die B 9 einmündet. Ab der Dammgasse gab es zwei Gleise, die in Höhe der Rheinstraße endeten. Hier befand sich früher die Landebrücke der "Köln-Düsseldorfer Dampfschifffahrtgesellschaft". An der heutigen Anlegestelle, etwa in Höhe der Großen Fischergasse, stand ein Elektrokran, mit dem Schiffe be- und entladen wurden. Von einer geräumigen Güterhalle aus wurden Express- und Stückgut in Nierstein und Umgebung zugestellt.

Prominente Gäste
1870 machte der König von Preußen und spätere Kaiser Wilhelm I. auf dem Weg zu seinen Truppen in Frankreich in Nierstein Station. 1957 wurde der Sonderzug von Konrad Adenauer im damaligen Bundestagswahlkampf auf der Nebenstrecke Nierstein-Undenheim über Nacht abgestellt, heute als „Kanzlereck“ ein beliebter Rastplatz für Spaziergänger und Radfahrer.

 

Niersteiner Bahnhof GVN

Der Bahnhof um 1900 mit Personal.

 
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Nierstein, Dezember 2020