Der Metternichhof in Nierstein

Historisches & Sehenswertes

Kleiner Rundgang durch den Metternichhof

Vorwort

Nierstein hat nicht nur seine berühmten Weine vom Roten Hang zu bieten, sondern kann auch aus seiner 1250-jährigen Geschichte einiges zeigen.
Neben dem römischen Heilbad, dem Sironabad, sollen auch die beiden Kirchen, die evangelische Martinskirche und die katholische Kirche St. Kilian, die alte Schmiede sowie die Thurn- und Taxis'sche Poststation Erwähnung finden.
Eng mit der Geschichte Niersteins sind die neun Adelshöfe verbunden. Das älteste Adelsgut unter ihnen ist der Metternichhof. Betrachtet man diesen Hof als Ausgangspunkt für die Entwicklung von Nierstein, so kann man feststellen, dass alle anderen Adelshöfe kreisförmig um diese Hofanlage gebaut wurden.
In diesem Bericht wird der Metternichhof sowohl von der geschichtlichen als auch der baugeschichtlichen Bedeutung beschrieben.

    

Querschnitt des Metternichhofes

Querschnitt des Metternichhofes

 

 

Nierstein in seiner Vergangenheit

von Rektor Dörrschuck, 1928

Das uralte von Bechtolsheimische, im Jahre 1752 Gräflich von Metternisch'sche zur Krafft dahier gelegene freiherrliche Gut
a) Haus, Hof, Scheuer und Stallung nebst Gärtchen, nach Mainz die Gemeindegaß, nach dem Gau von Sternfels, nach Worms Abr. Dumont und Ad. Seip, nach dem Rhein die Langgaß. Jetzt Witwe Sandmann gehörig, das Kelterhaus ist noch der Familie von Metternich. Schätzung 70 fl.
b) 5 Morgen 3 Viertel 17 Ruten Weinberge (Rehbach, Kehr, Flächenhahl, Auflangen, Platte), 69 Morgen 8 Ruten Ackerland, 27 Morgen Wiesen jenseits des Rheins. Schätzung 1021 fl. 52 Kr. 4 Heller. Ab 1¼ Malter Korn, 7 Kr. Geld, 6 Maas Most 23 fl. 40 Kr. bleiben: 998 fl. 12 Kr. 4 Heller.
R. B. Korn und Wein sind also als ständige jährliche Beschwerde in die Burgkellerei dahier zu liefern.

Abschrift aus "Nierstein am Rhein in seiner Vergangenheit"

 

    

Die Geschichte des Hauses

Der Metternichhof in Nierstein ist der Älteste von neun Niersteiner Adelshöfen. Er liegt im Zentrum von Nierstein, gegenüber der Martinskirche, teils verdeckt hinter der Bebauung der Oberdorfstraße. Um ihn herum sind die acht weiteren Adelshöfe gebaut worden.
Zum Metternichhof gehörten neben dem Herrschaftshaus noch das ehemalige Kelterhaus (heute: Reisebüro Noll) sowie die Stallungen (inzwischen als Wohnhaus ausgebaut).

 
Der Adelshof ist das älteste profane Gebäude in Nierstein. Um 1480 wohnte hier Heinrich von Mauchenheim, genannt von Bechtolsheim, der 1515 Schultheiß war. Vermutlich durch Heirat wechselte der Hof 1563 in den Besitz von Phillip Schlüchterer von Erpfenstein, der von 1563 bis 1576 das Amt des Schultheißen inne hatte. Der Schultheiß war der Vorsitzende des Rittergerichtes und gehörte wie die sechs Schöffen dem Adel an. Er hatte auch das Siegelrecht, mit dem er Urkunden beglaubigen konnte. Das Originalsiegel von Kaiser Karl V. (1500 - 1558) wurde hier im Metternichhof gefunden. Erst 1680, als die Grafen von Metternich den Hof erwarben, erhielt der Hof seinen jetzigen Namen.

    

Das Siegel und sein Abdruck zeigen Isabella von Portugal, Gemahlin von Kaiser Karl V.

 

Im Jahre 1974 kaufte die Familie Staiger von Frau Katharina (genannt Käthe) Sandmann das Nachbargrundstück Oberdorfstraße 2 zur Schaffung einer eigenen Zufahrt. Das Haus war zum Teil eingestürzt oder einsturzgefährdet und seit geraumer Zeit nicht bewohnt. Für dieses Trümmergrundstück lag eine Abrissgenehmigung vor.

Am 22.07.1985 wurde der Metternichhof unter Denkmalschutz gestellt. Gegen diesen Unterschutzstellungsbescheid wurde Einspruch erhoben, weil die Restaurierung für völlig sinnlos und nicht bezahlbar gehalten wurde. Nach zwei Instanzen vor Gericht stand fest, dass das Gebäude erhalten werden musste. Die Richter urteilten, dass die Frage der Kulturdenkmaleigenschaft nicht davon abhinge, welche Erhaltungskosten für den Fortbestand des Kulturdenkmals erforderlich wären.

Mit der Vermessung des Hauses durch das Landesamt für Denkmalpflege wurde 1992 ein Neuanfang mit der Denkmalpflege verabredet und ein Sanierungskonzept erarbeitet. Wichtigste Maßnahme war die Sanierung des Dachstuhls und des Daches. Im Jahr 1994 war das Dach fertig gestellt und der Verfall des Hauses gestoppt. Die nächste große Aufgabe war die Restaurierung des Festsaales. Das mühsame Abkratzen der Wände zum Freilegen der Wandmalereien und zur Sicherung der erhaltenen Fragmente begann 1996. Mit dem Einbau der Decke, des Fußbodens sowie der Heizung und Elektroinstallation wurde 2001 die Restaurierung des großen Saales abgeschlossen.

Im folgenden Jahr wurde mit der Neugestaltung des Niersteiner Marktplatzes und der Oberdorfstrasse begonnen. Durch diese Baumaßnahme wurde es erforderlich, den alten Adelshof an das Versorgungsnetz für Wasser, Strom, Gas und Telefon anzuschließen.

 

Baugeschichte

Die Entstehung des Metternichhofes kann in mehrere Abschnitte gegliedert werden.

 

Bauphase 1

Die Errichtung des Kernbaus (2. Hälfte des 15. Jh.)
Spätgotische und spätmittelalterliche Bauphase

Das Hauptgebäude des Metternichhofes ist als Wohn- und Wehrturm gebaut worden. Die äußeren Mauern weisen eine Dicke von 57-60 cm auf. Der Bau dieses wehrhaften Hauses war erforderlich, da Nierstein keine schützende Stadtmauer hatte. Während im Erdgeschoss die Küche und ein kleiner Stall untergebracht waren, konnte im Zwischengeschoss ein kleiner Vorratsraum genutzt werden. Das Obergeschoss diente vermutlich zu Wohnzwecken. Die Verbindung zwischen den Geschossen muss über eine Treppe außerhalb des Gebäudes erfolgt sein. Dieser Adelshof weist einige Besonderheiten auf. So befinden sich im Obergeschoss Schießscharten, die für unterschiedliche Waffen gebaut wurden. Zwei Wehrgänge, deren erhöhte Eingangsmöglichkeit durch Heraufziehen einer Leiter dem Angreifer den Zutritt versperren konnte, hatten eine wichtige Funktion bei der Verteidigung des Hauses. Vermutlich war das Hauptgebäude bei seinem Bau als zweigeschossiger Wohn- und Wehrturm gebaut worden. Andere gleichartige Gebäude sind in der Literatur beschrieben. Sichtbares Zeichen für diese Vermutung ist der Treppenansatz im Obergeschoss, der sich auch mit der Ausmalung des Raumes deckt. Diese erste rötliche Malfassung stammt von 1549.

 

Bauphase 2

Die Errichtung eines Anbau mit Treppenturm
Bauphase der Frührenaissance (1. Hälfte des 16. Jh.)

Nachträglich wurde an den Kernbau ein Anbau mit Treppenturm angesetzt. Weder das gemauerte Erdgeschoss noch das Obergeschoss, das weitgehend aus Fachwerk bestand, sind erhalten. Von diesem Anbau stammt auch der Treppenturm.

Zeitgleich mit diesem Anbau sind im Obergeschoss des Kernbaus Veränderungen vorgenommen worden. So wurde der ursprüngliche Zugang zu einem Fenster verkleinert. Neben dem Fenster erkennt man einen Mauerspalt, in der sich eine Rolle zum Bewegen einer Zugtüre befindet. Das zweite Fenster in der Nordostmauer wurde ebenfalls nachträglich verändert. Die Schießscharte in dieser Wand wurde dabei geschlossen. Zum angebauten Treppenturm wurde ein neuer Zugang über einen hölzernen Gang in den Festsaal gebaut. Nach diesen Veränderungen bekam das Obergeschoss seine rötliche Wandmalerei.

 

Bauphase 3

Die Erneuerung der Wandmalereien im Obergeschoss
Bauphase der Hochrenaissance (2. Hälfte des 16. Jh.)

Die jüngere graue Malfassung erfolgte ohne bauliche Veränderungen und Neuverputz auf die alte.

 

Bauphase 4

Der Wiederaufbau des Gebäudes in den Jahren 1717/18
Bauphase des Barocks

Vermutlich nach der Zerstörung des Gebäudes durch französische Truppen 1689 wurde der Wiederaufbau des Gebäudes durchgeführt. Der Metternichhof wurde durch den Anbau des Erweiterungsbaus vergrößert. Hier erkennt man deutlich, dass das neue Gebäude mit drei Mauern an den Kernbau angesetzt wurde. Ein gemeinsamer Dachstuhl verband die zwei Gebäude miteinander. Der Durchbruch einer Türe zwischen dem Kernbau und dem Anbau im Erdgeschoss stammt ebenfalls aus dieser Zeit.

 

Bauphase 5

Nachträgliche Veränderungen am Gebäude
(2. Hälfte des 19. Jh.)

Nachträglich wurde das Gebäude stark verändert. In den Kernbau wurde im Untergeschoss ein Durchgang zum Kuhstall sowie ein Abgang in den Keller gebaut. Der Einbau einer Balkendecke sorgte für eine Unterteilung des Erdgeschosses in drei kleinere Räume.

 

Reste des Vorgängerbaus

Errichtung des Kernbaus (2. Hälfte des 15. Jh.)

Errichtung eines Anbaus mit Treppe (1. Hälfte des 16. Jh.)

Wiederaufbau des Gebäudes (1717/18)

Veränderungen am Gebäude (2. Hälfte des 19. Jh.)

    

Grundriss des Metternichhofes

Grundriss des Metternichhofes

 

Festsaal

 

Fragmente der Ausmalung im Festsaal

 

Fragmente der Ausmalung im Festsaal

 

© A. Schwarz, Nierstein 2005 

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